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Automelodi (CDN)

Info

Source: Official Website

Formed in 2006, Automelodi is a constantly evolving project based around the solo work of songwriter/producer Xavier Paradis. With a career that spans over two decades, Paradis is a well-established figure in Montreal’s dense electronic music culture, releasing over time with various projects, performance line-ups, or under different monikers such as Arnaud Lazlaud. He also collaborates with artists like Liz Wendelbo (of Xeno & Oaklander) as the duo Liz and László, as well as Latvian Producer Dmitry Distant.

Automelodi’s music embraces and re-contextualizes a spectrum of influences that include the lesser-known European synthpop and post-punk of the latter Twentieth Century, combined with literary stylizations reminiscent of Gallic songwriters such as Serge Gainsbourg and Brigitte Fontaine—with nearly all vocals delivered in French. Following the self-released first EP, an eponymous album was released in 2010 by the now defunct Brooklyn label Wierd Records. The second LP, Surlendemains acides, was released in digital format in 2013. A third LP, Mirages au futur verre-brisé was released in 2019 on Austin's Holodeck Records. The release was followed that same year by an extensive tour of Europe and a partial tour of the USA in early 2020.

In parallel to his work as Automelodi, Paradis has also been very active over the past two decades as a music producer.

Quelle: Schwarzes Bayern

Sechs lange Jahre waren seit dem letzten Longplayer vergangen, Anfang Mai war es dann so weit: Mit Mirages au futur verre-brisé erschien das dritte Album von Automelodi, dem wohl bekanntesten Alias des ebenso umtriebigen wie wandelbaren Xavier Paradis. Der Projektgründer an Mikro, Bass, Percussion und allem, was ein Synth ist, hat hier Unterstützung von Dillon Steele an Gitarre und, sagt Bandcamp, „luth des glaces“. So eine Glaslaute klingt offenbar sehr gut, alles andere würde auf diesem Album sofort auffallen.

Und wie klingt es sonst so, abgesehen von „sehr gut“? Ein bisschen nach French Pop, auch jenseits der französischen Lyrics (tatsächlich sind Automelodi in Montréal, Quebec zuhause). Ein bisschen nach Wave, vor allem der Opener „La Poussière“ auch durch die Gitarre, die sonst gerne auch durch Effekte gejagt und wie ein weiterer Synth eingesetzt wird. Ein kleines bisschen vielleicht nach Postpunk und deutlich mehr als nur ein bisschen nach 80er-Synth-Pop, im allerbesten Sinne und so, als würde der gerade hier erst erfunden. Nach analoger Wärme und exzellentem, einfallsreichem Sounddesign, das immer wieder auch Industrial-Einflüsse verrät. Nach einer – man entschuldige bitte die abgenutzte Wendung, es ist so – perfekten Symbiose aus dunklem Pop mit experimentellen Elementen, mit auch mal heftigen Passagen, schönen Melodien und einer hervorragenden, warmen, sehr menschlichen Stimme, die all die Maschinen zusammenhält, all die kreuz und quer gesponnenen Fäden verwebt. Und es klingt nach richtig, richtig guter Produktion: Nicht nur das Sounddesign gehört zum Besten, was man so zu hören bekommt, auch Arrangement und Mix sind eine einzige Freude. Xavier Paradis arbeitet mit einer Vielzahl an Schichten und extremer Räumlichkeit, mit ebenso großer Aufmerksamkeit fürs Detail wie fürs Ganze, mit so vielen kleinen, überraschenden Sound-Sprengseln, die kommen und gehen und noch die kürzeste Aufmerksamkeitsspanne bei Laune halten, und mit einem so todsicheren Gespür für Atmosphäre, wie man das alles sonst viel eher bei Musik antrifft, die sich nicht „nebenher“ auch noch auf Songstruktur, Gesang und massiven Tanz-Appeal stützen kann – alles glasklar und transparent gemischt.

Ich spare mir den Einzeldurchgang durch die Songs, sie sind alle einfach gut, nur zweieinhalb Hörhinweise: Freunde des Duetts können sich „Les Métros Disparus“ mit Vocals von Liz Wendelbo auch per Video in surreal angehauchtem Retrolook zu Gemüte führen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit Duetten so meine Schwierigkeiten habe, aber in meinen Ohren ist just diese Vorab-Auskopplung trotz der stimmigen Gast-Performance nicht der stärkste Song des Albums, eher dämpfte sie im Vorfeld meine Erwartungen – ganz zu Unrecht. Die übrigen neun Songs nehmen tendenziell einen Verlauf vom eher Poppigen zum stärker Experimentellen; statt, wie weithin üblich, zwischen Gegensätzen wie schnell/langsam oder komplex/schlicht hin und her zu wechseln, wird dem Hörer hier noch etwas mehr zugetraut, ein großer Bogen gespannt und vielleicht so etwas wie eine Geschichte erzählt.

Ein Album wie eine Nacht in der Stadt, wenn man eigentlich gar nicht weggehen wollte und schließlich – nach diversen Lokalitäten, regennassen nächtlichen Straßen, unwirklichen Fahrten durch seltsame neonbeleuchtete Viertel, möglicherweise einem fremden Bett – erst im Morgengrauen nach Hause kommt.